Wettbewerb 2019-20

Fliegendes Klassenzimmer / Wanderschule Köln

An Deutschlands Schulen herrscht ein immenser Investitionstau. Neben der fehlenden Pflege und Instandhaltung der vorhandenen Gebäude, liegt auch ein erheblicher Mangel an Ausstattung und Räumlichkeiten vor, die unter anderem bedingt durch die Umstrukturierung in Ganztagsschulen und dem Schülerzuwachs aus dem Ausland hervor gerufen werden. Die Stadt Köln beherbergt ca. 300 Schulen [1] von diesen sind 199 Schulen als Bauprojekte der Gebäudewirtschaft gelistet [2] und erfordern bauliche Maßnahmen, die von einer Toilettensanierung über eine Dach-, Mauer- und Schadstoffsanierung bis hin zur pädagogischen Modernisierung oder der brandschutztechnischen Aktualisierung reichen. Damit der reguläre Schulbetrieb im Rahmen dieser Maßnahmen nicht stillgelegt werden muss, schafft die Stadt Köln kontinuierlich Containereinheiten an, die jedoch in den meisten Fällen wenig kompatibel mit modernen pädagogischen Raumzuschnitten sind.

Im März 2018 befanden sich im Stadtgebiet insgesamt 235 Containereinheiten im Einsatz, davon 34 Mietcontainer und 201 Kaufcontainer, Tendenz steigend [3]. Alleine 16 der als Bauprojekt geführten Schulen verlangen in der Maßnahmenbeschreibung explizit nach „Containern“ oder einer Auslagermöglichkeit. Der Urban Mining Student Award 2019/20 soll vor diesem Hintergrund pädagogisch wertvolle und modulare Urban Mining gerechte Interimsschulkonzepte hervorbringen. Die modulare Flexibilität der zu entwickelnden Ersatzschule soll auf drei verschiedenen Grundstücken im Raum Köln belegt werden und darüber hinaus die Anforderungen an einen sparsamen Umgang mit Ressourcen erfüllen. Es sollen hohe Qualitätsanforderungen an Wärme, Brand- und Schallschutz und der Haltbarkeit erfüllt werden, da die Möglichkeit besteht, nach mehrfachem Wandern schlussendlich einen Endstandpunkt zu finden.

[1] Kölner Bildungsportal, Lernende Region Netzwerk Köln, 2019. Online unter URL: www.bildung.koeln.de/schule/schulen_koeln/schulen_details.html, Stand: 07.06.2019. [2] Stadt Köln, Politik & Verwaltung, 2019. Online unter URL: www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/gebaeudewirtschaft/bau-projekte/, Stand: 07.06.2019. [3] Ratsinformation der Stadt Köln, Beantwortung einer Anfrage nach § 4 der Geschäftsordnung (0315/2018): Sanierung und Qualitätsanalyse an Kölner Schulen - Beantwortung einer Anfrage der Gruppe BUNT (AN/1725/2017) vom 22.11.2017 zur Sitzung am 27.11.2017. Online unter URL: ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp, Stand: 07.06.2019.

Preisträger

1. Preis

Jan Matthies und Andrea Santos, KIT

 

„Unter Dach und Fach“ – nach diesem Motto nutzen die Verfasser alte Hallen des Duisburger Güterbahnhofs als urbane Mine: aus den wiederverwendeten Fachwerkträgern entsteht ein markantes Dachtragwerk für eine Interimsschule in Köln. Verschiedene Hüllflächenmaterialien aus gebrauchtem Holz und wiederverwendetem Stahltrapezblech sowie transparente Glas- und semitransparente Photovoltaikflächen im Dach machen die Form und die Konstruktion des markanten Dachs nach außen sichtbar. Im Inneren verleihen die weit spannenden, modifizierten Stahlträger und eine Tribüne aus Sitzstufen der zentralen Aula hohe Raumqualitäten. Von hier werden gleichzeitig die Unterrichts- u. Verwaltungsräume erschlossen, die sich jeweils um zwei aussteifende Kerne, in denen die Fluchttreppenhäuser angeordnet sind, gruppieren. Die Räume im Dachgeschoss werden als Bibliothek und Mehrzweckräume genutzt, wobei hier geschickt Regale in die Dachträger integriert werden. Mit der atmosphärischen Darstellung gelingt es den Verfassern, die entstehenden Raumqualitäten und den unverwechselbaren Charme der patinierten Oberflächen zu transportieren. Die Arbeit überzeugte die Jury durch den starken Urban Mining Gedanken und die Einzigartigkeit, auch wenn das Konzept dadurch weniger gut für andere Standorte reproduzierbar ist.

1. Preis

Lena Luise Heuser, BUW

 

Der Titel „Grüne Lerninseln für Köln“ ist Programm: Mit umlaufenden Balkonen und einer großen Spielfläche auf dem Dach, schafft die Verfasserin eine starke Verbindung von Außen- und Innenraum, um den Grundschulkindern die Natur nahe zu bringen. Durch die mit Edelstahlgewebe bespannten und mit Kletterpflanzen berankten Absturzsicherungen der Loggien entsteht ein luftiger Zwischenraum, der mit seinem schönen Licht- und Schattenspiel nicht nur für Unterrichtszwecke oder zur Entspannung, sondern auch gleichzeitig als Fluchtweg genutzt werden kann. Die äußere Bekleidung aus Fichtenholz wird durch die horizontalen Auskragungen außerdem geschickt vor der Witterung geschützt. Im Inneren schaffen sichtbare Holzkonstruktionen und -oberflächen eine wohnliche Atmosphäre. Nach den Prinzipien des Urban Mining Design werden hauptsächlich Materialien des natürlichen Kreislaufs und wenige technische Materialien sortenrein lösbar gefügt. Klar strukturierte Grundrisse, bei denen eine Etage jeweils ein Cluster aufnimmt, schaffen die Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit in Holzmodulbauweise. Die Jury lobt insbesondere die der Aufgabe gerecht werdende Angemessenheit und die gute Reproduzierbarkeit des Entwurfes für verschiedene Schulstandorte.

Anerkennungen

Viola Winterstein und Hannah Hopp, KIT

Johanna Hörniß, BUW

Sebastian Reitemeyer und Annika Hopster, FH Münster

Laura Ganz und Pia Thissen, KIT

Adrian Üffing, Universität Kassel

Preisgericht

Von links nach rechts:

Markus Greitemann, Architekt, Dezernent für Stadtentwicklung, Planen und Bauen der Stadt Köln

Bernhard Busch, Dipl.-Ing. Architekt, agn Niederberghaus & Partner GmbH, Ibbenbüren

Sabine Djahanschah, Dipl.-Ing. Architektin, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück

Dr. Matthias Fuchs, Architekt, ee Concept GmbH

Anja Rosen, M.A. Architektin, Urban Mining e.V.

Prof. Dipl. Ing. Annette Hillebrandt Architektin BDA, Bergische Universität Wuppertal